Als Guido Stravelli vor die versammelten Journalisten trat war ihm unwohl zu Mute. Er mochte keine Journalisten, hatte sie nie gemocht. Schon gar nicht mochte er Journalisten, die hörig nur die faschistische Propaganda verbreiteten, die der Innenminister ihnen diktierte. Stravelli hatte nicht wirklich etwas gegen den Faschismus, manche Ansätze gefielen ihm sehr gut. Allerdings war er ein überzeugter Monarchist: Dass er dennoch im Amt bleiben durfte verdankte er, wie er gut wusste, nur seiner wirtschaftlichen Kompetenz. Und genau diese war es, die ihn heute vor die Presse trieb.
Wie Ihnen, meine Herren Journalisten, bereits vor einigen Tagen vom Herrn Forschungsminister mitgeteilt wurde, hat sich die italienische Regierung dazu entschlossen größere Geldsummen vom Militär in die Wirtschaft umzuleiten. Die Gründe hierfür sind einfach: Großte Teile unseres Militärs sind veraltet und würden in einem Krieg der Moderne nur schwerlich bestehen können. Der Hauptgrund jedoch ist die omnipräsente Wirtschaftskrise, gegen die wir Maßnahmen ergreifen müssen! Zu diesen Maßnahmen gehört eine Ausmusterung diverser Schiffe und Flugzeuge, sowie die Verkleinerung unserer Kolonialarmee. Auf den ersten Blick mag sich dies anhören wie eine Schwächung, die sich das italienische Militär nicht leisten kann: Kurzfristig mag das stimmen, allerdings werden Gelder die durch die Umstrukturierung frei werden vor allem, neben massiven Schuldenabbau zur Einsparung von Zinsen, in die Stahlindustrie fließen: Das heißt, dass mittelfristig das italienische Militär moderner und schlagkräftiger wird, während die Wirtschaft auch noch davon profitiert!
Er hielt einen Moment inne und übergab anschließend das Wort seinem Nebenmann, einem unscheinbaren, soldatisch aussehnden, mittelgroßen Mann, der sich bisher im Hintergrund gehalten hatte.
Francesco Grazioli, Verteidigungsminister, nickte Stravelli zu und begann zu sprechen:
Guten Tag, die Herren Pressemitarbeiter. Konkret werden folgende Schfife, Luftdivisionen und Truppen ausgemustert: 80.000 farbige Milizionäre der Kolonialstreitkräfte in Nordafrika. 500 unserer ältesten Artillerie-Geschütze. 24 von 53 Zerstörern. 16 von 51 Unterseebooten. 7 von 9 Schlachtschiffen. Sowie 2 unserer 7 Luftdivisionen, genauer gesagt die Fünfte und Siebte. Außerdem behält sich die Regierung vor weitere Truppen, Schiffe oder Flugzeuge außer Dienst zu stellen, sollte dies notwendig sein.
Zur Zeit sieht sich Italien in der Lage kurzfristig auf größere Teile seines Heeres zu verzichten, da wir uns im Moment nur von Freunden umgeben sehen. Weiterhin ist es allerhöchste Zeit die Wirtschaftskrise noch energischer zu bekämpfen als bisher.
Die Regierung wird tun, was immer notwendig ist um das italienische Volk zu schützen. Sollte keine Nation uns provozieren, so ist davon auszugehen, dass wir niemals in einen Krieg verwickelt sein werden.
Nach dem Zunicken des Wirtschaftsministers antwortete diesmal Grazioli:
Wir werden versuchen so viel wie möglich von den ausgemusterten Waffen, Geschützen, Flugzeugen und Schiffen wiederzuverwenden. Was mit dem Übrigen geschehen wird ist noch nicht klar.
Natürlich wusste Grazioli, dass Mussolini darüber nachdachte große Teile der ausgemusterten Waffen und Gerätschaften den spansichen Faschisten zukommen zu lassen. Nur mussten diese neugierigen ausländischen Reporter das nicht wissen ...